Bücher und Aufsätze, in denen nach 1945 NS-Ansichten verbreitet oder NS-Untaten verschwiegen, verdreht oder geschönt werden.
Lexika
Lexikon der Büchergilde, zwei Bände, Büchergilde Gutenberg; Frankfurt 1956.
Die Büchergilde war und ist ein gewerkschaftsnaher Verlag mit einer angegliederten Buchgemeinschaft, ein Verlag, der, 1924 gegründet, gleich zu Beginn des Dritten Reichs enteignet, dessen Mitarbeiter übel behandelt wurden etc.
Ich wähle aus diesem Lexikon, ein Jahrzehnt nach 45 ! erschienen, zwei Stichproben aus:
Stichwort „WILNA“, diese litauische Metropole erhält eine Würdigung im Umfang von 17 Zeilen. Erwähnt werden auf diesen 17 Zeilen zwei Kirchen und eine wunderwirkende Madonna, erwähnt wird, dass die Stadt 1944 von der Sowjetunion annektiert wurde. Dass Wilna jahrhundertelang das „Rom des Ostjudentums“ war, ein Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit, dass es eine große jüdische Gemeinde, eine der größten im Zarenreich, hatte: NULL.
Stichwort „WORMS“. 19 Zeilen langer Text. Erwähnt werden u. a. sechs Kirchen, das Luther-Denkmal und dass die Stadt im II. Weltkrieg stark zerstört wurde, aber NULL davon, dass es dort im Mittelalter eine wichtige große jüdische Gemeinde gab, eine stattliche Synagoge etc. etc
Das Stichwort „AUSCHWITZ“ weist neun Zeilen auf, von denen sich fünf auf das KZ beziehen. Ein anderer wichtiger Ort der Judenvernichtung, Sobibor, kommt nicht vor.
Das hier Angedeutete lässt sich sicher auch an weiteren Beispielen darlegen.
GROSSER BROCKHAUS. Sechzehnte, völlig neubearbeitete Auflage in 12 Bänden, Zwölfter Band, Wiesbaden 1957:
Stichwort „WORMS“ (S. 596). 85 Zeilen, zu sehr verschiedenen Aspekten der Stadt (Einwohner, Gebäude, Betriebe, bedeutende Ereignisse). Von diesen 85 Zeilen entfallen knapp fünf auf das Thema „jüdische Geschichte der Stadt Worms“, folgenden Inhalts: Nach Hinweis auf alte Kirchen von Worms heißt es: „Alt sind auch die Synagoge (mit roman. Männerhaus, 1175, und frühgot. Frauenhaus, 1213), das 1186 erbaute unterirdische Judenbad sowie der Judenfriedhof mit nahezu 2000 Gräbern vom 11. Jahrhundert an, der älteste und größte Europas.“
N i c h t s über die bedeutende Talmud-Hochschule in der Stadt, nichts über bedeutende jüdische Menschen in Worms, nichts über die Zerstörung der Synagoge in der Reichspogromnacht, nichts über das lange Bestehen der jüdischen Gemeinde und ihr Ende während des Nationalsozialismus.
Stichwort „Tucholsky“ im Großen Brockhaus 1957: 9 Zeilen: über das Ende Tucholskys: „1933 emigriert, er endete durch Selbstmord“ Nichts davon, dass seine Bücher 1933 verbrannt wurden, dass er ausgebürgert wurde, dass er als Kritiker des heraufziehenden Nationalsozialismus das selbe Schicksal wie Theodor Lessing (nämlich die Ermordung) befürchten musste.
Stichwort „Auschwitz“. 1. Band des 12bändigen Brockhaus, Ersterscheinungsjahr 1952: Sieben Zeilen mit folgendem Inhalt: „1291 Oberhof des deutschen Stadtrechts, später Hauptstadt der westgalizischen Herzogtümer Auschwitz und Zator , die im 15. Jahrhundert an Polen verkauft wurden. 1773 fielen sie an Österreich. Im 2. Weltkrieg berüchtigtes Konzentrationslager der Nationalsozialisten.“
Nichts über die Zahl der Toten dort, nichts über die Größe der Barackenstadt, die riesige Zahl Menschen in den Baracken. Nichts darüber, dass Auschwitz infolge des deutschen Angriffs auf Polen und dessen Eroberung zum KZ-Ort werden konnte. Nichts darüber, dass die letzten Aufseher versuchten, die Spuren ihres Tuns zu verwischen.
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