Serie "Blick ins Ehinger Museum":
Der Joseph des Ehinger Museums
Der sieht doch aus wie dieser Kaiser Joseph im „Amadeus“-Film...
...vermutlich kennen heute mehr Menschen den fabelhaften Film „Amadeus“ über den Komponisten Mozart am Wiener Kaiserhof als dass sie etwas vom damaligen Kaiser Joseph II wüssten. Heutige kennen aus diesem berühmten FILM den hier abgebildeten Kopf des österreichischen Kaisers, den der Verfasser eigens im Ehinger Museum knipste. - Der Amadeus-Film machte diesen Joseph II publiker als die allermeisten Geschichtsbücher der jeweiligen Schulzeit (in mitteleuropäischen Geschichtsbüchern war und ist ja dieser hellhäutige Kopf mit dem glatten hellen Haar oft abgebildet.)
Wir setzen hier unsere kleine Serie „Blick ins Ehinger Museum“ fort mit einem Hinweis auf das Joseph-II-Portrait; wir möchten so für einen Besuch des Museums - auch mal einen ZWEITEN Besuch :-) - werben. Diesmal also ist - wegen des schönen Portraits im Museum - dieser habsburgische Kaiser dran. - Joseph II - das war früher für Deutsche einer der bekanntesten Männer auf dem deutschen Kaiserthron; er war auch der Sohn einer noch BEKANNTEREN Kaiserin, Maria Theresia, deren Bild im Ehinger Museum ebenfalls zu sehen ist, es hängt neben dem ihres Sohnes.
Wie wir alle wissen, gehörte Ehingen fast ein halbes Jahrtausend lang zu dem deutschen Fürstenland Habsburg. Solch eine Zugehörigkeit wurde – in Amtsräumen gern dokumentiert durch ein an auffallender Stelle aufgehängtes Bild des jeweiligen Staatsoberhaupt eher selten, am ehesten noch folgen Angehörige anderer Staaten, die in Deutschland leben und hier einen Treff einrichten, diesem Brauch: Im einstigen Ehinger jugoslawischen Klub (VOR dem traurigen Auseinanderfallen dieses mehrere Nationen umfassenden Staats) sah man ein Bild vom dortigen Regierungschef Marschall Tito und zugleich vom damaligen deutschen Bundespräsidenten von Weizsäcker; an der Front des Aufenthaltsraums in der JETZIGEN Ehinger Moschee im (damaligen) Bundespräsident Gauck. So ähnlich muss man sich im 18. Jahrhundert die „Hängung“ der Bilder von Kaiser Joseph II und seiner Frau Mammá vorstellen; sehr wahrscheinlich hingen solche Portraits im Ehinger „Ständehaus“ (damals Parlament, jetzt Amtsgericht) oder im Rathaus der Stadt.
Joseph II trägt auf unserem Bild keine Krone - obwohl er das Recht hatte, deren MEHRERE zu tragen. Diese Kronenlosigkeit ist bedeutsam! Wie es dem Geist der Zeit, der sogenannten Aufklärung, entspricht, wollten damals auch gebürtige Regierungschef nicht so sehr mit Abzeichen ihrer Macht, also einer Krone, prunken, sondern mit ihrem Gesicht.
Gut, ne Uniform musste schon noch sein, auch n Orden dran, als Zeichen für (angebliche) Verdienste - aber ansonsten wollten zahlreiche Herrscher damals viel mehr durch gute Regierungsleistung ihre Untertanen davon überzeugen, dass die Position eines Kaisers mit GUTEN, vernünftigen GRÜNDEN besteht und nicht nur von Gottes Gnaden, eines Gottes, der ja auch mal seine Launen hat und die seltsamsten Leute auf einen Thron setzte.
Zeitweilig hingen in den Amtsstuben des „Landes Habsburg“ auch die Bilder von Mutter und Sohn einträchtig nebeneinander, weil Maria Theresia einen Teil ihrer Macht zugunsten ihres Sohnes abgab. Theresia trennte sich aber lange Zeit nicht völlig von ihrem Amt, obwohl sie ihre Macht a dem Sohnemann hätte übertragen können; sie wollte ihn vermutlich noch etwas unter Kontrolle behalten; sie war zwar froh, dass sie einen männlichen, von IHR geborenen Thronerben aufbot, wie das damals eine der Aufgaben einer Monarchen-Ehefrau oder Monarchin war, aber sie hatte ein gewisses Misstrauen gegen den Sohnemann: Der Junior war ihr zu reformerisch gesonnen: der wollte zu viel auf EINmal ändern, verbessern, korrigieren.
Dass Joseph von sich, von seinen Fähigkeiten, überzeugt war, das ist beim Betrachten des Portraits im Ehinger Museum gut erfühlbar. Und wenn man den „Amadeus“-Film kennt, meint man gradezu, der Regisseur habe das Ehinger Bild zum Vorbild seiner Schauspielersuche und der Film-Schminkungen genommen: Der (Film-)“Amadeus“-Joseph guckt ebenso skeptisch-kühl aus den Filmsequenzen wie der „Ehinger“ Josef aus seinem Bilderrahmen.
Wer sich bei Youtube in einen der vielen dort auffindbaren Ausschnitte aus dem fabelhaften Milos-Forman-Film reinklickt, etwa hier, https://www.youtube.com/watch?v=Zl-N2JleNeU , kann sich gradezu leibhaft vorstellen, dass der „Ehinger“ Joseph aus dem Bilder-Rahmen stolz, selbstbewusst heraustritt.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen jenem Joseph und der Stadt Ehingen, der im Museum nicht erkennbar gemacht wird. Zu Zeiten der Regierung dieses Joseph konnte ein aus Ehingen stammender Hochschullehrer, Zeitschriftengründer- und -herausgeber, ein sogenannter Aufklärer, vergleichsweise frei von der Leber weg schreiben und vor allem KIRCHLICHES kritisieren, ohne dass er gleich mit der Strenge der Zensur und eventuellen Strafen überzogen wurde. Die Rede ist hier von Caspar Ruef, einem der seltenen Exemplare eines KATHOLISCHEN Aufklärers. Der Verfasser dieser Zeilen hat als erster in Ehingen auf diesen ungewöhnlichen, noch immer mit keinem Straßennamen gewürdigten interessanten Sohn Ehingens hingewiesen (Wer will, kann diesen Text im Internet nachlesen, http://veit-feger.homepage.t-online.de/ruef.htm ; eine kurze Ehinger Museumsgesellschaft, im Band „Bemerkenswerte Ehinger“, erschienen 2014). Kaiser Joseph II starb vergleichsweise jung und wurde als Chef des Römischen Reichs Deutscher Nation von einem sehr viel zögerlicheren, weniger großzügigen, weniger reformgesinnten Bruder abgelöst; hinzu kam, dass die Französische Revolution ab 1789 den damaligen europäischen Regenten einen nachhaltigen Schreck einjagte, weshalb sie ihren Untertanen, vor allem den SCHREIBENDEN unter ihnen, nicht mehr so viel Freiraum lassen wollten. Mit der Französischen Revolution änderte sich das politische „Klima“ in Europa stark - und das bedeutete auch für den zunächst recht munteren, aus Ehingen stammenden, in Freiburg tätigen Schriftsteller Caspar Ruef, dass er seine spitze Feder einpacken musste... –
Das einzige „Bild“, das uns von diesem zeitweiligen Freiburger Universitätsbibliothekar seinen zeitweiligen obersten Dienstherrn, den Kaiser Joseph II: am Hals also auch nur so ne lockere leichte Binde, kein Stehkragen, kein spanischer weitausladender Spitzenkragen etc.
Veit Feger, Ehingen, 2015/2020,
http://veit-feger.homepage.t-online.de/ veit-feger.homepage.t-online.de